Tipps für digitale Aktionen & Öffentlichkeitsarbeit
Die Coronapandemie hat Anfang 2020 nicht nur nicht nur das alltägliche Leben der Menschen stark eingeschränkt, sondern veränderte auch die Aktionsformen gegen Rassismus. Ob Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Workshops oder Diskussionen: Das Digitalverhalten der Menschen in Deutschland hat sich während der Pandemie verändert. Gruppen probierten neue Aktionsformen aus und nutzten digitale Formate. Viele Ideen haben nach wie vor Bestand. So kann der digitale Raum dabei helfen während den alljährlich stattfindenden Internationalen Wochen, mehr Menschen zu erreichen – und damit das Engagement gegen Rassismus und Hass zu stärken.
Anbei einige Tipps:
Persönliche Kontakte mit der Lokalpresse suchen
Tageszeitungen oder Radiosender vor Ort sind oft gerne bereit, über Aktionen gegen Rassismus in ihrer Stadt zu berichten. Dafür empfiehlt es sich, vorher Kontakt aufzunehmen. Eine kurze Einladung oder Mitteilung per Mail verschwindet häufig ungelesen im Postfach, besser ist es, in der Redaktion anzurufen und nach einer Ansprechperson zu fragen. Wichtig ist, neben den Infos zur Aktion auch eine Handynummer mitzuteilen.
Nicht nur an die regionale Tageszeitung denken
In größeren Städten gibt es in der Regel noch mehr Medien. Dazu gehören Regionalbüros von Nachrichtenagenturen wie dpa oder epd, die mit Korrespondenten vor Ort über Aktivitäten berichten. Außerdem gibt es neben lokalen Radiosendern und dem Regionalfernsehen oft auch alternative Medien wie einen Offenen Kanal.
Hybridveranstaltungen planen
Bei steigenden Infektionszahlen kann es passieren, dass auch mit Abstand keine größeren Veranstaltungen stattfinden dürfen. Das ist nur ein Grund, warum bei der Planung sinnvoll ist, Formate von Anfang offline und online zu verbinden. Die Idee: Veranstaltungen finden – wenn möglich – live vor Publikum statt, werden gleichzeitig als Livestream übertragen und danach als Video ins Internet gestellt. Das lohnt sich auch in Zeiten ohne Infektionsrisiko. Onlineangebote haben eine viel größere Reichweite, weil Menschen aus anderen Städten oder Ländern bequem teilnehmen können. Zudem finden sich die Videos dauerhaft im Internet und können immer wieder angesehen werden. Sie sind ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus im Netz.
Formate bewusst auswählen
Für kleine Gruppen bis 30 oder 40 Personen ist Interaktion toll. Das funktioniert aber nicht bei größeren Veranstaltungen. Ab 100 Teilnehmenden sollte man lieber auf einen Vortrag mit anschließender Diskussion setzen. Dabei sind Chats sehr unkompliziert. Die Hürde ist geringer, eine Frage einzutippen als sich in so einer großen Runde live zu Wort zu melden.
Soziale Netzwerke nutzen
Mit Einträgen auf Facebook, Instagram oder Twitter werden junge Menschen oft besser erreicht als mit normalen Veranstaltungen. Ein kurzer Film, einige Fotos oder eine gut erzählte Geschichte können viel Aufmerksamkeit erzielen. Auch lohnt es sich, nach Aktionen ein paar Bilder oder einen kleinen Text ins Netz zu stellen. Das ist eine gute Möglichkeit, um im Internet klar Position gegen Rassismus zu beziehen. Tipp: Die Infos sollten möglichst zeitnah online gestellt werden. Achtung: Unbedingt auf die Persönlichkeitsrechte achten. Bei Fotos oder Videos müssen die abgebildeten Personen vorher um Erlaubnis gefragt werden.
Unterstützung holen
Wer Veranstaltungen im Netz professioneller aufziehen möchte, kann sich tatkräftige Unterstützung holen. In elf Städten gibt es zum Beispiel sogenannte „Houses of Resources“. Diese Einrichtungen fördern kostenlos die Arbeit von Ehrenamtlichen vor Ort. Sie verleihen Equipment, stellen Räume zur Verfügung, bieten Beratung an und geben Gelder für Projekte. Auch größere Organisationen oder Stiftungen können eine gute Adresse sein. Sinnvoll ist auch, sich Gedanken über didaktische Anforderungen an digitale Formate zu machen. Fortbildungen dazu bietet z.B. Stuhlkreis-Revolte an, ein Kollektiv für emanzipatorische Bildungsarbeit.
Die Standorte der Houses of Resources finden sie hier.
Kreative Ideen entwickeln
Medien freuen sich über tolle Fotomotive. Der Vorteil ist, dass es dafür gar nicht viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer braucht. So lassen sich medienwirksame Aktionen auch in der Coronazeit gut umsetzen. Beispiel: Die GEW in Rheinland-Pfalz organisierte eine Kundgebung, allerdings durften wegen der Kontaktbeschränkungen nicht viele Menschen teilnehmen. Deshalb schickten Kitas stellvertretend Playmobilfiguren, die selbstgebastelte Schilder in den Händen hielten. Die Spielfiguren versammelten sich zur Kundgebung in der Innenstadt. Die Aktion lieferte tolle Bilder und war ein großer Erfolg, auch die Presse berichtete.
Bei der Community abgucken
Ob Poetry Slam, Lesung, Workshop oder Diskussionsrunde: In der Regel können so gut wie alle Aktionen im Internet übertragen werden. Auch ein digitaler Rundgang durch eine Ausstellung ist möglich. Ebenso gibt es digitale Demonstrationen gegen Rassismus. Tipp: Im Netz schauen, was sich andere Gruppen für digitale Aktionen ausgedacht haben. Das Rad muss nicht jedes Mal aufs Neue erfunden werden. Es lohnt sich, gute Ideen aufzugreifen. Wenn Fragen auftauchen, einfach mailen oder anrufen. Es gilt, sich in der Community gegenseitig zu helfen.
Unser Impulseheft gibt ebenfalls Ideen für die Aktionswochen: hier runterladen.
Genug Zeit für die technische Vorbereitung einplanen
Es ist etwas anderes, ob man zum x-ten Mal an einer Zoom-Konferenz teilnimmt und nur auf den Link klicken muss oder ob man selber zu einer Konferenz einlädt. Das ist gar nicht schwer. Doch sollte man es am besten rechtzeitig vorher mal üben. Genaue Anleitungen dafür findet man leicht im Internet.
Hassposts widersprechen
In sozialen Netzwerken wimmelt es von rassistischen Kommentaren. Umso wichtiger ist es, dem etwas entgegenzusetzen. Denn die Posts werden von anderen Menschen mitgelesen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die breite Gesellschaft solche Parolen mitträgt. Positive Beiträge sollten deshalb geliked und verbreitet werden.
Expert*innen einladen
Bei dem Projekt „Engagiert gegen Rassismus“ zeigen anerkannte Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Berufen wie Feuerwehr, Medien, Polizei, Religion, Wissenschaft etc. Gesicht für eine menschenfreundliche Gesellschaft. Sie engagieren sich während der Internationalen Wochen gegen Rassismus und können für Veranstaltungen – digitale sowie analoge – direkt angefragt werden. Auch bietet das Projekt eine Datenbank mit weitere Expert*innen an.
Offline Zeichen setzen
In Zeiten der Coronapandemie gibt es auch Ideen, um in der realen Welt aktiv zu werden. So hat die Landeskirche Hannover grüne Bändchen verteilt, um ein sichtbares Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Bei anderen Aktionen werden die Menschen aufgefordert, eine Kerze ins Fenster zu stellen oder ein Plakat aufzuhängen.
Draußen treffen, mit Abstand
Auch ist es trotz Pandemie möglich, Menschen live zusammenzubringen, mit viel Abstand, in kleiner Runde, am besten an der frischen Luft. Eine Möglichkeit sind Stadtrundgänge, z.B. auf den Spuren der Kolonialgeschichte der Stadt oder zu Orten des Gedenkens. An verschiedenen Stationen – zum Beispiel einer Moschee, einer Synagoge oder einem Flüchtlingsheim – kann man draußen vor der Einrichtung ins Gespräch kommen oder Grußworte anlässlich der Internationalen Wochen gegen Rassismus überbringen. Dafür sollte man sich aber unbedingt vorher gut über die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen vor Ort informieren.
Zeit im Blick haben
Sinnvoll ist, genug Zeit bis zum Redaktionsschluss einzuplanen. Am besten die Aktion vormittags durchführen, damit ein Bericht am nächsten Tag in der Zeitung erscheinen kann.
Neue Kooperationen suchen
Viele Räume von Vereinen oder Bücherläden sind zu klein, um den Mindestabstand einzuhalten. Statt Veranstaltungen abzusagen, lieber um Kooperationen bemühen. So kann die Lesung in die Kirche verlagert oder im örtlichen Programmkino übertragen werden. Eine tolle Idee ist auch, im Autokino einen Film mit anschließender Diskussion zu präsentieren.
Interaktion ermöglichen
Viele Plattformen für Videokonferenzen wie Zoom oder Webex ermöglichen eine aktive Teilnahme. So ist es möglich, sich live zu Wort zu melden, im Chat ein paar Zeilen zu schreiben, bei Abstimmungen mitzumachen oder sich für Arbeitsgruppen in extra Räume zurückzuziehen. In sogenannten Breakoutrooms sind ein persönlicher Austausch und praktische Übungen problemlos möglich. Umfragetools sind toll, um die Stimmungen aufzulockern. Statt einer langatmigen Vorstellungsrunde können die Teilnehmer*innen anklicken, aus welchem Bundesland sie kommen etc. Zudem ist es viel spannender, auf die Erfahrungen der Gruppe zurückzugreifen, als eine Statistik zu präsentieren. Zum Beispiel bei der Frage: Wie reagieren die Menschen auf Hatespeech? Das Ergebnis wird in einer anschaulichen Grafik dargestellt.
Sicherheit im Blick haben
Wie bei Präsenzveranstaltungen gilt auch bei digitalen Veranstaltungen, sich Gedanken über die Sicherheit zu machen. So ist ratsam, bei Videokonferenzen nur angemeldete Teilnehmerinnen und Teilnehmer zuzulassen. Damit ist sichergestellt, dass keine ungebetenen Gäste dabei sind. Bei sehr großen Veranstaltungen mit einer unübersichtlichen Zahl an Videobildern kann ratsam sein, dass die Teilnehmenden ihre Namen anonymisieren und ihre Kamera ausschalten. So sind sie sicher, dass sie niemand vom Bildschirm abfotografieren kann. Bei kleineren Veranstaltungen hingegen kann es – aus dem gleichen Grund – besser sein, wenn alle mit richtigem Namen und Videobild teilnehmen. Je nach Thema und Zielgruppe sollte man sich darüber Gedanken machen.
Sich trauen
Um eine Veranstaltung als Video ins Netz zu stellen, braucht es nicht viel Knowhow. Für den Anfang reichen eine Handykamera und ein Laptop aus. Die meisten Smartphones liefern Videos in top Qualität. Es gilt, einfach etwas auszuprobieren. Oft helfen auch YouTube-Videos weiter. Es geht in erster Linie darum, ein sichtbares Zeichen im Internet gegen Rechts zu setzen. Doch auch hier ist wichtig: Bei Fotos und Filmaufnahmen immer auf Datenschutz und Persönlichkeitsrechte achten.
Solidarität bekunden
Kommt es zu rassistisch motivierten Anschlägen oder Übergriffen, ist Solidarität gefragt. So ein Zeichen ist wichtig für die Opfer und ihre Angehörigen. Außerdem dreht sich in den Medien sonst alles nur um die Tat selber. Sinnvoller ist es, wenn die Solidaritätsbekundungen in den Fokus rücken. Das Projekt „Schulter an Schulter“ gibt Hilfestellung.
Einheitlich auftreten
Um mehr Wirkung zu erzielen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu stärken, empfiehlt sich bei Aktionen rund um die Internationalen Wochen ein gemeinsames Auftreten. Dafür steht das Logo „100% Menschenwürde – Zusammen gegen Rassismus“.
Fest steht, dass Kreativität gefragt ist. Aber es gilt: Einfach ausprobieren, neue Dinge wagen.
Es geht nicht um Perfektionismus, sondern darum, ein Zeichen gegen Rassismus, Hass und Diskriminierung zu setzen.
Wir können alle etwas tun.
Text von Kathrin Hedtke im Auftrag der Stiftung gegen Rassismus
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