Information zur Planungstagung der IWgR 2020:
Das vorgeschlagene Motto „Gesicht zeigen – Stimme erheben“ wurde bei der Planungstagung am 16. September 2019 in der Katholischen Akademie im Erbacher Hof in Mainz positiv aufgenommen. Es soll neben dem bisherigen Logo „100% Menschenwürde: Zusammen gegen Rassismus“ verwendet werden. 90 Teilnehmende aus dem Bundesgebiet und unterschiedlichen Arbeitsfeldern diskutierten Vorschläge für die UN-Wochen gegen Rassismus vom 16.-29. März 2020.
Besonders viele Vertretungen städtischer Einrichtungen, lokaler Initiativen, Religionsgemeinschaften und Gewerkschaften nahmen teil.
Die bundesweite Auftaktveranstaltung erfolgt am 16. März 2020 in Zusammenarbeit mit der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Annette Widmann-Mauz in Berlin. Das zentrale Freitagsgebet mit Ansprachen des Direktors des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen (Daniel Neumann), der evangelischen Dekanin in Darmstadt (Ulrike Schmidt-Hesse) und dem Vorsitzenden des Zentralrates der Muslime in Deutschland (Aiman Mazyek) findet am 20. März 2020 in der Emir–Sultan–Moschee in Darmstadt statt.
Am gleichen Tag um 18:30 wird es in der Darmstädter Synagoge eine Sabbatfeier geben, bei der muslimische und christliche Vertretungen sowie der Oberbürgermeister von Darmstadt, Jochen Partsch, sprechen. Am Sonntag, den 22. März 2020 erfolgt in der Darmstädter Stadtkirche ein evangelischer Gottesdienst mit der Predigt des Kirchenpräsidenten der EKHN und Ansprachen durch jüdische und muslimische Gäste.
Botschafter der Aktionswochen ist im kommenden Jahr Reiner Hoffmann, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
25 Jahre Internationale Wochen gegen Rassismus
Die Aktionswochen gibt es nun seit 25 Jahren in Deutschland und sie werden zu einer immer stärkeren Bewegung: Bei den UN-Wochen im März 2019 sind der Stiftung gegen Rassismus über 1.850 Veranstaltungen gemeldet worden. Dazu kamen 1.700 Freitagsgebete in Moscheen. Weltweit gibt es zu den UN-Wochen in Deutschland die meisten Veranstaltungen. Um dies deutlich zu machen und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu erzielen, wurden neben dem Motto auch Vorschläge für einheitliche Farbgebung der Materialien und Programme („Pink“; Farbwerte: 0/90/25/0) sowie für gemeinsame Hashtags (#IWgR; #InternationaleWochengegenRassismus, #IWgR2020) gemacht.
Thematisiert wurde, wie sich der Rassismusbegriff und die Einstellung über die Jahre geändert hat: Jürgen Micksch, Vorstand der Stiftung, betonte dass vor 25 Jahren in der breiten Öffentlichkeit von Deutschland nur selten von Rassismus gesprochen und eher argumentiert wurde, dass der Nationalsozialismus überwunden sei. Heute ist das Bewusstsein für rassistische Diskriminierung allgegenwärtig. Diese Entwicklung spiegelt auch die Veranstaltungszahl während der UN-Wochen gegen Rassismus. Im Zuge seiner Erläuterungen verwies Micksch auf die neue Broschüre „25 Jahre Internationale Wochen gegen Rassismus“, die bei der Stiftung kostenlos angefordert werden kann.
Herr Prof. Dr Werner Schiffauer, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des Rats für Migration (Berlin) versetzte sich in seiner Rede in das Jahr 2045 und versuchte einen „zukünftigen“ Rückblick auf die letzten 25 Jahre. Damit seine Zukunftsversion – eine Gesellschaft ohne Spaltung – wahr wird, gilt es allerdings viele „Baustellen“ zu bearbeiten.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass viele der Teilnehmenden sich nicht vorstellen können, dass Rassismus in den nächsten Jahrzenten überwunden werden kann, besonders der Osten sei bei diesen Überlegungen nicht berücksichtigt. Deutlich wurde, dass die neuen Bundesländer mehr Förderung und Unterstützung auch bei der Planung von Veranstaltungsreihen wie den Internationalen Wochen gegen Rassismus benötigen. Tagungen sollten verstärkt in ostdeutschen Städten stattfinden oder Teilnehmende aus dem Osten Übernachtungsmöglichkeiten angeboten und Fahrtkosten erstattet werden. Eine kritische Debatte gab es zu der Plakatserie „Rassismus fängt im Kopf an“.
Die Workshops
Die Diskussion zum Referat von Prof. Dr. Schiffauer wurde – nach einem gemeinsamen Mittagsessen – in der Arbeitsgruppe „Das neue WIR –in welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ vertieft. Es wurden Thesen vorgelegt, an denen weitergearbeitet werden soll. Problematische Auswirkungen des Verfassungsschutzes für die Integration wurden erörtert.
In vier weiteren Workshops hatten die Tagungsteilnehmenden Zeit zum (gezielten) Austausch und die Möglichkeit Tipps bei Erfahrungsträgern für die Planung und Durchführung von eigenen Veranstaltungen während der Internationalen Wochen gegen Rassismus 2020 zu erfragen.
Besonders viele interessierten sich für die Arbeitsgruppe „Vielfalt auch in den Medien – Wie mache ich auf meine Aktionen aufmerksam?“ mit Dr. Carmen Colinas vom SWR Südwestrundfunk und Ursula Rüssmann, Redakteurin im Ressort Politik der Frankfurter Rundschau.
Der Workshop „Umgang mit (Rechts-) Extremen auf öffentlichen Veranstaltungen“ mit Florian Schubert, Mobile Beratung & Gemeinwesenarbeit Regional Stelle Süd Mainz, befasste sich mit der Frage, wie man Störungen im Vorfeld und während einer Aktion vorbeugen kann. Besonders wichtig ist eine Abklärung, wer das Hausrecht innehat und somit auch ein Hausverbot aussprechen kann. Sollte es im Vorfeld zu Mobilisierung von (Rechts-)Extremen kommen, ist es ratsam, Kontakt mit der örtlichen Polizei aufzunehmen und bereits bei der Einladung einen Ausschlussatz zu formulieren.
„Die eigenen Wochen gegen Rassismus“ wurden am Beispiel der Volkshochschule Hanau und der Stadt Leipzig vorgestellt. Elke Hohmann, Leiterin der VHS Hanau, Wolfgang Kischel, Fachbereich Kultur, Stadtidentität und Internationale Beziehungen der Stadt Hanau und Stojan Gugutschkow, ehem. Leiter des Referates für Migration und Integration in Leipzig beantworteten Fragen zur Koordination, Fördermöglichkeiten und Öffentlichkeitsarbeit.
In der Arbeitsgruppe „Umgang mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit an der Schule oder in Jugendgruppen“ mit Yanni Fischer, Referent der Bildungsstätte Anne Frank und Landeskoordinator von Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage beschäftigen sich die Teilnehmenden mit Fragen wie „Wie spricht man mit Jugendlichen über Rassismus?“; „Was könnte es für Veranstaltungsformate geben?“ oder „Welche Rolle spielen Gruppendynamiken und wie gehe ich damit um?“. Der Referent berichtete auch über die Erfahrungen des interaktiven Lernlabors der Bildungsstätte Anne Frank.
Den Flüchtling in uns selbst entdecken
Das abschließende Referat hielt Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi, Professor für Kalām, Islamische Philosophie und Mystik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. In seiner Rede „Wer glaubt, ist ein Flüchtling – Von der Kunst den Flüchtling in uns selbst zu entdecken“ ging er besonders auf den Begriff Heimat ein und was dieser für ihn bedeutet. Dabei berichtete er auch von seiner Geburtsstadt Kabul, von der er mit 13 Jahren flüchten musste. Heimat an einem Ort festzumachen sei eine Illusion, vielmehr wären es die vertrauten Menschen, aber auch Musik, Gerüche, Poesie oder Essen – eben „ein komplexes Gebilde“.
Es ist vorgesehen, die Vorträge von Prof. Dr. Schiffauer und Prof. Dr. Karimi auf die Homepage der Stiftung zu laden.
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